Chemie rockt... - Thomas aus Griechenland
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Nun sitze ich hier auf meiner Couch meiner Wohnung in einem Athener Vorort. Draußen regnet es, auch hier in Griechenland scheint der Sommer dieses Jahres entgültig vorbei zu sein, ein Sommer, der hier immer lang und trocken ist, wie man es sich in Deutschland nur wünscht. Vor mir steht mein Laptop und „Radio Leutzsch“ informiert mich über das Spiel meiner Leutzscher Elf gegen den VfL Halle 96.

Ich denke zurück an viele Jahre, um hier diesen Bericht zu schreiben. Mein erstes Spiel von Chemie war ein Derby. Mein Vater nahm mich im Herbst 1990 mit zu einem Derby in Probstheida, Chemie verlor 1:0 durch ein Elfmetertor. Ich war damals noch kein großer Fußballfan, und so sollte etwas Zeit vergehen, bis ich wieder zu Chemie kam. Mein erster Besuch in Leutzsch war zu einem Spiel von Chemie gegen eine Weltausswahl anläßlich der Umbenennung des Georg-Schwarz-Sportparks in Alfred-Kunze-Sportpark. Ich kann mich noch gut erinnern, wie Alfred Kunze bewegt von der ihm zuteil werdenden Ehre auf dem Rasen zum Publikum sprach. Auch dieses Spiel besuchte ich mit meinem Vater, der nur allzugern von jenem 10. Mai 1964 in Erfurt berichtet, er war damals dabei.


So richtig mit dem Chemie-Virus infiziert wurde ich dann im Herbst des Jahres 1994, jener unvergessenen ersten Saison der neuen Regionalliga, als Chemie mit Achim Steffens als Trainer überraschend um den Aufstieg mitspielte, viele unvergessene Spiele gab es da in Leutzsch. Ich erinnere mich unter anderem an ein 2:0 gegen Erfurt, ein 2:2 nach 2:0-Führung gegen den Tabellenletzten Spandau oder an ein 3:1 gegen Cottbus. Schade, daß es am letzten Spieltag in Jena im direkten Vergleich nicht gereicht hat, und heute noch frage ich manchmal wo wir jetzt stehen könnten, wenn diese saustarke Saison mit dem verdienten Aufstieg gekrönt worden wäre.


Die folgenden Jahre verbrachte ich jedes Heimspiel mit meinem Bruder auf dem Norddamm, wir hatten damals, außer zu Gerd, den jeder Chemiker kennt, noch wenig Kontakte in die Leutzscher Fanszene und waren daher auswärts noch eher selten dabei. So verknüpfe ich mit diesen Jahren hauptsächlich Erinnerungen an Spiele in Leutzsch. Unvergessen ist für mich die Saison 1996/97 mit Uwe Reinders. Da gab es ein unerwartetes 5:1 gegen Dynamo Dresden oder 1:0 gegen Union Berlin. Das Tor fiel kurz vor Schluß und war einfach orgastisch. Auf der anderen Seite erinnere ich mich an eine 3:0-Pausenführung gegen Tennis Borussia Berlin, welche in Halbzeit zwei in sieben Minuten verspielt wurde, am Ende hieß es 3:4. Es folgte ein Jahr des Größenwahns mit einem Hauptsponsor, der die Aufstellung mitdiktieren wollte. Es begann mit Chemie als steinreichem Verein mit einem 3:0 gegen Magdeburg vor über 5000 Zuschauern und endete fast in der Zahlungsunfähigkeit und einem Spiel gegen Spandau vor 500 Zuschauern. Unvergessen für mich ist im Jahr darauf auch das erste Ortsderby seit langem, jenes 3:3 an einem grauen Dezember-Sonntag im Jahre 1998. Ich bin Jahrgang 1981, in meiner Altersklasse gab es damals ein Übergewicht an Lok bzw. VfB- gegenüber Chemie-Fans, was sich auch in meiner damaligen Schulklasse so wiederspiegelte. Vor diesem Hintergrund war ich dann doch etwas enttäuscht, daß die schnelle 2:0-Führung damals nicht gehalten werden konnte. Um so geiler war dann die Saison der Wachablösung. Die Derbysiege in Leutzsch und vor allem der „Schiemann-Sieg“ auf dem Südfriedhof, so etwas vergißt man sein Leben lang nicht. Dazu die Quali mit einem 2:0 in Halle und einem 0:0 gegen Dynamo. Im Jahr darauf ging dann wieder alles kaputt, was kaputt gehen konnte, eine Söldnertruppe schlechthin. Negativer Höhepunkt war für mich ein ganz schwacher Auftritt in Düsseldorf. In all den Jahren stand ich wie gesagt auf dem Norddamm, hatte fast kein Heimspiel verpaßt, war aber auswärts noch eher selten dabei. Die Stimmung war oft nur bei „größeren“ Spielen gut und stark vom Ergebniss abhängig. So verfolgte ich mit Freude, was im Jahr 2000/2001 auf dem Norddamm entstand und was meine weitere Zeit mit Chemie prägen sollte.


Während der Testspiele im Sommer 2001 unterhielten sich mein Bruder und ich mehrfach mit einigen Leuten der Diablos, man kannte sich ja schon vom Sehen her, und so machten wir ab dem Sommer mit. Ein neues, junges Publikum in Leutzsch, das sich um etwas mehr Stimmung bemüht, das fand ich gut, und es waren auch alles nette Leute. Mein erstes Spiel mit der Gruppe war eine 3:1-Niederlage in Zwickau, von der Stimmung her aber gut. Generell belebte die Gruppe das Geschehen in der Fanszene spürbar, die Stimmung auf dem Norddamm war stets gut und abwechslungsreich, und auch auswärts waren mein Bruder und ich nun fast immer dabei. Die Vorbereitung diverser Choreos, wie die zum Derby im Frühjahr 2002 in Leutzsch, als wir das ganze Zeug am Morgen von Kleinzschocher nach Leutzsch fuhren, hat immer großen Spaß gemacht. Und ich hatte einen gewissen Respekt vor dem Ultra-Gedanken, seine ganze Lebensplanung so in den Dienst seines Vereins zu stellen. Spaßige Auswärtsfahrten waren dabei, in Arbeitskleidung nach Plauen, beim Spitzenreiter Dynamo gewonnen, mittwochs abends bei Dresden-Nord den Anstoß verpaßt, weil wir auf dem Nebenplatz ein Spielchen mit deren Jugend machten. In dieser Zeit gab es dann auch meinen einzigen echten Aufstieg mit Chemie. Eine Saison, die mit einer Choreo begann, in welcher ein schlafenender Chemiker vom Aufstieg träumte, endete mit der Verwirklichung eben dieses Traumes. Es waren einige „Herztropfenspiele“ dabei, in Chemnitz, in Dessau, in Leutzsch gegen Plauen, aber auch Triumphe in beiden Derbys und gegen Jena. Und dann die entscheidenen Spielen in Hof und Schönberg sowie die Krönung in Leutzsch. Da zogen aber auch schon wieder erste dunkle Wolken über meine Leutzscher Fußballwelt in Form einer Investruine in der Nähe des Elsterbeckens. Die Hinrunde der nächstfolgenden Saison brachte für mich noch viele geile Spiele mit den Diablos, so zum Beispiel, als wir mit einem umfunktionierten Linienbus nach Wattenscheid fuhren oder freitags nach Essen. Besonders in Erinnerung bleibt mir auch das letzte Spiel in Leutzsch gegen Paderborn. Ich persönlich habe das Zentralstadion von vornherein abgelehnt und aus tiefstem Herzen gehaßt und mir bei jenem Spiel mehrfach die Frage gestellt, ob es dort jemals so schön werden sollte, wie in Leutzsch.


Mit der Zeit nahm mich dann auch mein Studium stärker in Anspruch, ich habe tatsächlich Chemie studiert. Ich habe mich in den folgenden Jahren im Zentralstadion nie sonderlich wohlgefühlt und es nie als Heimstätte akzeptieren können. Natürlich gab es auch das ein oder andere schöne Spiel, wie das Landespokalfinale gegen Chemnitz oder die Regionalligaqualifikation gegen Greifswald, aber wenn ich heute an meine Zeiten bei Chemie zurückdenke, dann hauptsächlich an die Jahre in Leutzsch, zunächst mit meinem Bruder hinterm Tor und später dann wir beide gemeinsam bei den Diablos, schöne Zeiten waren das. Als ich dann im Frühjahr diesen Jahres die Möglichkeit bekam für zwei Jahre nach Athen zu gehen, habe ich das sofort angenommen. Natürlich brennt mir etwas das Herz, das ausgerechnet jetzt Chemie wieder in Leutzsch spielt und ich nicht dabei bin. Die neuen Entwicklungen im Fußball der Stadt verfolge ich natürlich und hoffe, daß Chemie aus der Vergangenheit gelernt hat. Und ich hoffe, daß sich die noch offenen Fragen bezüglich der Zukunft positiv klären und eine geeinte grün-weiße Fangemeinde langfristig in Leutzsch ihre Heimat hat. Hier nutze ich bestmöglich das Internetradio, um informiert und halbwegs live dabei zu sein.


Heute hat es leider nur zu einem 0:0 gegen Halle gereicht, aber ich denke, die Mannschaft wächst dennoch allmählich zusammen. Der Regen draußen hat längst aufgehört und mein Abriß über meine Zeiten mit Chemie endet hier. Heute werde ich mich noch mit Freunden treffen, um unterhalb der Akropolis den ein oder anderen Ouzo zu trinken. Auf das Wohl von Chemie.

 

Thomas

 





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